Saturday, September 12, 2015
Warum Metal Gear Solid Vs Ende so enttäuschend ist
Metal Gear Solid V ist ein hervorragendes Spiel mit erstklassiger Stealth-Action und einer veränderbaren Welt, die jede Menge bemerkenswerter Momente garantiert. Deshalb ist es wirklich schade, ja geradezu eine Schande, dass das Ende so misslungen ist.
Das neueste Metal Gear Solid ist belastet mit unverständlichen Charakteren und einer wenig befriedigenden, unvollendeten Story. Aber es ist nicht nur das. Das Finale des Spiels ist wahrhaft absurd, selbst für Metal Gear Standards. Je mehr man darüber nachdenkt, desto weniger Sinn ergibt es.
Spoiler folgen. Ergreifen Sie die Chance, diese Seite zu verlassen, wenn Sie nichts über das Ende erfahren möchten.
SPOILER-WARNUNG: SCROLLEN SIE NICHT AM HUDN VORBEI NACH UNTEN WENN SIE METAL GEAR SOLID V NOCH NICHT DURCHGESPIELT HABEN
In bester Kojima Manier endet Metal Gear Solid V mit einer atemberaubenden Wendung: Es stellt sich heraus, dass Sie gar nicht als Big Boss spielten! Wie die Szene zu Beginn im Krankenhaus andeutet, ist Ihr Charakter nur Ein Lockvogel, eine Ablenkung, installiert als Befehlshaber der Mother Base, um den echten Big Boss zu schützen, der mit dem Motorrad davonfuhr, um sich New Mexico eine Auszeit zu gönnen und Peyote zu konsumieren. Irgendwie, dank plastischer Chirurgie und, ah, Nanomaschinen?, gelang es Zero und Miller, diesen beliebigen Sanitäter aus Ground Zeroes in jemanden mit dem Gesicht, dem Körperbau, den Erinnerungen und den Fähigkeiten des legendärsten Soldaten der Welt zu verwandeln.
Wenn man ihn im Vakuum genauer betrachtet, ist diese Wendung irgendwie toll – es stellt sich heraus, dass die „Legende“ von Big Boss immer schon größer war als der Mann selbst -, aber je mehr man darüber nachdenkt, desto lächerlicher wird sie und desto mehr Fragen wirft sie auf, auf die es keine eindeutigen Antworten gibt. Zum Beispiel: Wen Zero mit Hilfe von Hypnotherapie einen beliebigen Sanitäter (medic) in einen Supersoldaten auf einer Stufe mit Big Boss verwandeln kann, warum machte er das nicht auch schon mit anderen Leuten? Warum macht man sich dann überhaupt die Mühe mit dem Les Enfants Terribles Klon-Projekt? Und wie genau erhält man mittels Hypnotherapie die Erinnerungen eines anderen Menschen?
Da wir gerade von nicht beantworteten Fragen sprechen: Warum bekommen wir nie die Nachwirkungen von Venom Snakes großer Enthüllung zu sehen? Warum wirkt Ocelot in MGSV wie eine völlig andere Person? Warum ist Miller so böse? Warum ist Skull Faces Motivation so fadenscheinig und was genau tat er hinter den Kulissen während Operation Snake Eater? Warum sagte Snake während dieses riesigen Monologs/musikalischen Zwischenspiels kein Wort? Was passierte mit der Camp Omega Rückkehr, die Kojima im vergangenen Jahr versprach? Was hat es mit dem Third Child (drittes Kind) auf sich? Ist er wirklich Psycho Mantis? Wo gingen Eli und Sahelanthropus hin? (Oh, genau, der Teil wurde bisher nicht abgeschlossen.)
Aber lassen Sie uns all das einige Minuten lang vergessen. Lassen Sie uns über das größte Problem mit Metal Gear Solid Vs Ende sprechen.
Wenn Sie The Phantom Pain komplett durchgespielt haben, werden Sie sich zweifellos an Mission 43 erinnern. Es ist diejenige namens ‘Shining Lights, Even In Death.’ In dieser Mission finden Sie heraus, dass es auf der Mother Base einen neuen Ausbruch tödlicher Stimmbandparasiten (vocal parasites) gab und das die Opfer in Quarantäne gesteckt wurden. Sie — Venom Snake — müssen sich in die medizinische Plattform begeben und herausfinden, was passiert. Während Sie die Quarantäne-Zone erkunden – sie ist auf die bestmögliche Weise gruselig und atmosphärisch -, erkennen Sie nach und nach, dass Sie jeden töten müssen, der infiziert ist. Sie müssen Ihre eigenen Kämpfer töten.
Während Sie sich durch die Mission weiter vorarbeiten, erhalten Sie eine Nachtsicht-Brille, die Infektionen in Soldaten entdecken kann, was in Ihnen die Hoffnung weckt, dass vielleicht doch nicht alle infiziert sind. Da treibt Kojima natürlich nur ein kleines, fieses Spielchen mit Ihnen: Jeder einzelne ist infiziert. Sie müssen alle erschießen, einen nach dem anderen, was nicht nur nervenaufreibend, sondern auch ärgerlich ist, da das Spiel Ihnen mitteilt, dass Sie Punkte verlieren, weil Ihre gottverdammten Soldaten sterben. Gelegentlich scheinen ihre Namen auf und erinnern Sie daran, dass Sie diese Männer und Frauen rekrutierten und vielleicht sogar für Missionen einsetzten, und nun müssen Sie sie töten. Es ist die beste Mission im Spiel und ein brutaler Schlag in die Magengrube.
Metal Gear Solid V sollte von Anfang an das „missing link“ (fehlendes Bindeglied) in der Serie sein, das Spiel, das erklärt, wie sich Big Boss vom heldenhaften, idealistischen Soldaten von MGS3 in den großen Bösewicht des ersten Metal Gear verwandelte. Während ich Mission 43 durchspielte, hatte ich das Gefühl, diese Entwicklung zu beobachten. Hier, unterbrochen von Hueys ungläubigem Schreien, konnten wir mitverfolgen, wie sich Big Boss vom inspirierenden Anführer in einen kaltblütigen Mörder verwandelte. Es war ein erschütterndes Erlebnis, das, wie auch der Mikrowellen-Gang in Metal Gear Solid 4, besonders gut funktionierte, weil ich es spielte.
Dann... nun ja, dann stellt sich heraus, dass Huey — die einzige Person, die wagte, Snake Vorwürfe zu machen, weil er seine eigenen Soldaten tötete – die Epidemie selbst verursachte , was seiner moralische Überlegenheit den Garaus macht. Snake macht alles richtig: Er verwandelt die Asche der toten Soldaten in Diamanten, verbannt Huey und findet heraus, dass er oh ja nicht wirklich Big Boss ist. Und dann ist das Spiel zu Ende.
Es stellt sich also heraus, dass wir, während wir glaubten, wir würden Big Boss von Rache getriebene Entwicklung vom noblen Soldaten zum fehlgeleiteten Bösewicht miterleben, tatsächlich eine völlig andere Person beobachteten, was den emotionalen Effekt von Mission 43 und so gut wie allem, was man in The Phantom Pain macht, erheblich schmälert.All diese unangenehmen Folterszenen und schrecklichen Entscheidungen, etwa der Aufbau einer großen Armee ohne Loyalität und das zurückbringen eines Metal Gear auf die Mother Base? Sie hatten nicht das Geringste mit Big Boss zu tun.
Und außerdem, je mehr man darüber nachdenkt, desto offensichtlicher wird, dass Ocelot und Miller die wirklichen Arschlöcher in The Phantom Pain sind, denn sie foltern alle und versuchen, Snake dazu zu bringen, Leute wie Quiet und Huey zu töten. Venom Snake war in Wahrheit.. ein ziemlich anständiger Kerl. Wir sehen, wie er nach der ganzen Identitätskrise-Sache wütend wird und einen Spiegel zerbricht, aber wie bekommen nie die Effekte dieser Enthüllung zu sehen – und wir sehen nie, wie er wirklich böse wird.
So. Wenn das Spiel endet, bekommen wir eine Zeitleiste (timeline) zu sehen, die erklärt, das der Bösewicht im ersten Metal Gear in Wirklichkeit Venom, auch bekannt als Phantom Big Boss, war. Aber es wird nie näher erklärt, wie und warum er zu diesem Bösewicht wurde, der Massenvernichtungswaffen baut, weil er hofft, die Weltherrschaft an sich reißen zu können. (Big Boss war im ersten Metal Gear, Sie werden sich vielleicht erinnern, verdammt böse.)
Im zweiten Metal Gear war der Bösewicht Real Big Boss. Auch böse. Und weil wir nicht wissen, wohin er verschwand oder was er tat, während Venom Mother Base baute, bleiben seine Motive auch unklar. Auf Tonbandkassetten sprechen Big Boss und Zero darüber, dass sie The Boss’ Vision einer Nation von Soldaten ohne Grenzen verwirklichen wollen, aber es bleibt unklar, wie diese Vision zu „Lasst uns Atombomben bauen und Leute töten und vielleicht die Weltherrschaft an uns reißen!“ wurde.
Es ist alles verworren und chaotisch, selbst für Metal Gear Solid Standards und es wird durch eine Wendung entwertet, die nur zu existieren scheint, um die Spieler zu schockieren. Und das gelingt nicht einmal wirkich gut – die Trailer für The Phantom Pain waren voller Spoiler; der Prolog deutet sehr stark an, dass Ishmael der wirkliche Big Boss ist; und Fans sagten Venoms wahre Identität voraus, seit sie entdeckten, dass Kiefer Sutherland dem Sanitäter (medic) in Ground Zeroes seine Stimme lieh. Verdammt, der erste Trailer (reveal trailer) für Metal Gear Solid V begann damit, dass Kaz im Krankenhaus fragt: “What about him?” (Was ist mit ihm?)
Selbst wenn Kapitel 2 von The Phantom Pain nicht so unvollständig wirkte und man nicht den Eindruck haben müsste, dass die halbe Story fehlt, würde die Phantom Big Boss Wendung noch immer alles entwerten, was wir im Spiel taten. Und das ist wirklich schade, denn das Gameplay ist so exzellent, dass ich gewillt bin, Metal Gear Solid V nahezu jedem zu empfehlen. Und ich freute mich wirklich darauf, endlich zu erfahren, wie Big Boss zu Big Boss wurde. Stattdessen sieht es ganz danach aus, als sollte Metal Gear Solid, wie auch Hideo Kojimas Beziehung mit Konami, mit einer Enttäuschung enden.
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